Ein Gastbeitrag von Tijen Onaran

Alter ist eine Kerndimensionen von Diversity. Doch Altersdiversität wird häufig vernachlässigt. Dabei betrifft sie uns alle. Genau deshalb bietet Age Inclusion viele Chancen, erläutert die Unternehmerin und Diversity-Expertin Tijen Onaran im Gastbeitrag.

Diversity-Expertin Tijen Onaran
Diversity-Expertin Tijen Onaran

Wenn ich über Diversity spreche, ob in Vorträgen oder über Social Media, bekomme ich Fragen über Fragen. Auf Platz 1 der Fragen ist die Frage nach der Frauenquote, dicht gefolgt vom Gendern. Platz 3 dreht sich darum, wie Menschen von Vielfalt überzeugt werden können, die es noch nicht sind. 

Selten bekomme ich Fragen zum Thema Generationenvielfalt. Dabei ist Age Diversity eine unglaublich spannende Dimension. Denn es gibt eine Sache, die alle Menschen auf jeden Fall gemeinsam haben: Wir alle werden älter. Angesichts dieser Tatsache ist es umso verwunderlicher, dass im Arbeitsleben Menschen ausgeschlossen werden, weil sie beispielsweise für „zu alt“ gehalten werden. Doch Ageism, oder Altersdiskriminierung, funktioniert nicht nur in eine Richtung. Von Reverse Ageism ist dann die Rede, wenn jüngere Generationen benachteiligt werden, weil sie angeblich aufgrund ihres Alters zu unerfahren sind. Dabei wären Unternehmen gut beraten, Altersdiversität in alle Richtungen zu fördern und die zahlreichen damit verbundenen Chancen zu nutzen.

Generationenvielfalt verbindet Geschlechter 

Vor einiger Zeit veröffentlichte ich auf LinkedIn meinen Diversity Notes Newsletter – ein Format, das ich ins Leben gerufen habe, um Fakten, Beispiele und Erfahrungen rund um Diversität zu teilen. In eine der Ausgaben ging es auch um das Thema: Generationenvielfalt. Was bei mir beim Feedback auffiel: Frauen wie Männer gleichermaßen bedankten sich für die Ausgabe und schrieben mir, dass Generationenvielfalt kaum vorkommt im Diversity Diskurs. Dabei ist es für mich die Dimension, die die Geschlechter zusammenbringt! 

Noch schlimmer ist, dass Altersdiskriminierung oft einfach hingenommen wird. In Deutschland kommt sie doppelt so häufig vor wie Diskriminierung aufgrund des Genders. Das ist umso verwunderlicher, da in Deutschland das „Alter“ im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geschützt ist. 

Laut Charta der Vielfalt handelt es sich beim Alter sogar um eine der Diversity-Kerndimensionen, denn sie betrifft uns alle. Ausnahmslos. Unabhängig von unseren Fähigkeiten, unserem Geschlecht, unserer sozialen oder ethnischen Herkunft. Mangelnde Teilhabe oder Ausschluss aufgrund des Alters ist insofern sicherlich eine der unverständlichsten und überflüssigsten Formen von Diskriminierung. Doch es gibt noch sehr viel mehr gute Gründe, die dafür sprechen, sich mit den Themen Altersdiversität und Age Inclusion zu beschäftigen.

Das Zauberwort lautet: Age Inclusion

Ein Blick auf die demografische Entwicklung genügt, um zu sehen, dass die Gruppe von älteren Menschen in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen wird, während auf der anderen Seite die jüngere Bevölkerung einen immer geringeren Anteil der Gesamtbevölkerung einnimmt. Das liegt vor allem daran, dass das Durchschnittsalter stark angestiegen ist. Heute liegt dieses bei 44,5 Jahren und damit im Vergleich zu 1950 knapp zehn Jahre höher. Seit 1990 ist hingegen der Anteil der unter 20-Jährigen um 3,3 Prozentpunkte gesunken. 

Gleichzeitig nimmt auch der Anteil der Erwerbstätigen stetig ab. Die Herausforderungen, die sich daraus für die Wirtschaft ergeben, liegen auf der Hand. Eine Lösung dafür besteht darin, mehr Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit im Alter zu schaffen und flexiblere Modelle zu finden, die es älteren Menschen erleichtert, so gut und so lange wie möglich ein aktiver Teil der Arbeitswelt zu bleiben. Daran führt allein angesichts der demografischen Entwicklung im Grunde kein Weg vorbei, und das kann nur mit Konzepten zur Förderung von Altersdiversität und Age Inclusion gelingen.

Altersdiversität unter Gründerinnen und Gründern? Noch Luft nach oben! 

Während also die Gesellschaft im Durchschnitt immer älter wird, werden bestimmte Themen und Wirtschaftsbereiche stark auf jüngere Generationen ausgerichtet. Besonders deutlich ist dies bei der Startup- und Gründendenszene, die als jung und dynamisch gilt und sich in der Regel kaum durch Altersdiversität auszeichnet. Dabei fand eine MIT-Studie heraus, dass die erfolgreichsten Gründerinnen und Gründer im Schnitt 45 Jahre alt sind. Zum Vergleich: Das Durchschnittsalter der Startup-Gründerinnen liegt laut Deutschem Startup Monitor 2021 bei 36 Jahren.

Aber nicht nur die Startup-Szene braucht das Wissen sowie die Lebens- und Berufserfahrung von älteren Menschen. Teams in Unternehmen müssen insgesamt mehr Diversität aufweisen – insbesondere auch im Hinblick auf die Altersstruktur. Denn Themen rund um Innovation oder die Digitalisierung werden ebenfalls automatisch mit jüngeren Generationen assoziiert. Dabei wäre gerade hier Diversität wichtig, da hier unterschiedliche Perspektiven, Werte und Einstellungen nachweislich zu besseren Lösungen und mehr wirtschaftlichem Erfolg führen.

>>> Erfahren Sie mehr über die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer an den Arbeitsplatz und wie die Zusammenarbeit mit der jüngeren Generation gelingt.

Age Inclusion braucht Netzwerke und Sichtbarkeit  

Ageism kann gravierende Auswirkungen für Unternehmen haben und zur Reduktion von Wissen führen, wenn der Austausch zwischen den Generationen ausbleibt. Jüngere Mitarbeitende können dann seltener vom Wissen und der Erfahrung älterer Kolleginnen und Kollegen profitieren – und umgekehrt. Um den Transfer von Wissen sowie den Austausch zwischen unterschiedlichen Altersgruppen zu fördern, eignen sich Maßnahmen wie Mentoring beziehungsweise Reverse Mentoring. 

Dabei müssen Formate gefunden werden, bei denen es möglich ist, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen und unabhängig von ihrer Position im Unternehmen begegnen können, damit ein echtes Verständnis füreinander entstehen kann, Vorurteile wirkungsvoll aufgebrochen werden sowie Wissen und Erfahrung ausgetauscht werden können. 

Die Gesellschaft von morgen prägen wir heute

Wir alle werden älter. Tag für Tag und Jahr für Jahr. Das Älterwerden ist also kein Problem, das gelöst werden kann. Was wir aber ändern können, ist der Umgang mit Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen. Das Thema Generationenvielfalt bietet viele Chancen, vor allem eine: den Konflikt zwischen den Geschlechtern aufzulösen. Bei Themen der Geschlechtervielfalt geht es oft um Frau gegen Mann. Generationenvielfalt vereint Dimensionen wie Geschlechter oder auch Nationalitäten. Wir haben es jetzt in der Hand, die Gesellschaft von morgen zu prägen – legen wir los! 

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Zur Person
Diversity-Expertin Tijen Onaran
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Tijen Onaran

Unternehmerin und Diversity-Expertin

Tijen Onaran ist Unternehmerin, Autorin und Speakerin. Für ihr Engagement für Diversity und Inklusion wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Als Gründerin von Global Digital Woman berät sie Unternehmen zur Gleichberechtigung in der Arbeitswelt.