Krisenmanagement: Wege aus der Krise finden

Stellen Sie sich vor, ein Brand setzt Ihre komplette IT-Infrastruktur außer Gefecht. Oder ein Krieg (ob im In- oder Ausland) legt Ihre Lieferketten lahm. Oder ein verärgerter Mitarbeiter richtet über Social Media Schaden an. Sei es eine globale Krise oder ein vermeintlich kleines Problem: Im Informationszeitalter können sich selbst überschaubare Brandherde schnell zu einem verheerenden Steppenbrand ausweiten – mit weitreichenden Folgen für die Stabilität und Zukunft des Unternehmens.

In solchen Situationen sollten Unternehmer einen kühlen Kopf bewahren, klare Entscheidungen treffen und schnell reagieren, um eine Krise noch abzuwenden oder das Ruder wieder herumzureißen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist ein zielführendes und methodisches Krisenmanagement im Unternehmen. Neben einem gut funktionierenden Präventionssystem gehören dazu auch Fahrpläne für den Krisenfall und eine bis ins kleinste Detail durchdachte Krisenkommunikation. 

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Definition Krisenmanagement

Unter dem Begriff Krisenmanagement im Unternehmen fasst man alle Maßnahmen zusammen, die den strategischen Umgang mit akuten Krisen sowie deren Prävention betreffen. Ziel ist, Herausforderungen durch unvorhergesehene Ereignisse zu bewältigen sowie mit möglichst wenig Schaden und idealerweise gestärkt daraus hervorzugehen.

Das Krisenmanagement besteht aus mehreren Ebenen:

  • Wachsamkeit: Unternehmen behalten die Märkte und auch globalere Themen im Blick, um anhand von Auffälligkeiten oder bestimmten Entwicklungen sich anbahnende Krisen frühzeitig zu erkennen.
  • Diagnose: Bei akuten Bedrohungen gilt es, die Ursachen einer Unternehmenskrise schnell herauszufinden, um an der Wurzel ansetzen zu können.
  • Vorbereitung: Ein wichtiger Teil des Krisenmanagements im Unternehmen ist eine gezielte Vorbereitung auf mögliche Krisen. So steht im Ernstfall ein Fahrplan mit Verantwortlichkeiten, einem Kriseninterventionsteam und Kommunikationsrichtlinien bereit, um schnell reagieren zu können.
  • Handeln: Unternehmenskrisen entwickeln sich in den ersten Phasen rasend schnell. Ein frühzeitiges Eingreifen kann verhindern, dass aus einem schwelenden Problem eine Katastrophe wird.

Es wäre vermessen zu glauben, dass sich allein mit einem Krisenmanagement im Unternehmen alle möglichen Risiken aus der Welt schaffen lassen. Man versucht jedoch zumindest, sich auf das Unerwartete vorzubereiten. So kann das Unternehmen den Betrieb aufrechterhalten, Imageschäden vermeiden, rechtliche Risiken minimieren und Vertrauen bei den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten schaffen.

Wie Captain Edward A. Murphy bereits sagte: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ – Das können Unternehmer nicht verhindern, sich aber durchaus darauf vorbereiten.

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Was ist eine Unternehmenskrise?

Bei Unternehmenskrisen handelt es sich in der Regel um eher spontan eintretende Ereignisse oder Situationen, die ein Unternehmen in seiner Reputation oder auch in seiner wirtschaftlichen Existenz bedrohen. Die Ursachen können sowohl selbstverschuldet als auch in externen Faktoren begründet sein. Typisch für Unternehmenskrisen ist die öffentliche Aufmerksamkeit, da sich angesichts der Beteiligung von Online-Nachrichtenportalen und Social-Media-Kanälen Informationen oft besonders rasch verbreiten.

Alle Krisen haben gemeinsam, dass sie ein schnelles Handeln erfordern, um Imageschäden abzuwenden, den Betrieb an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, Schadensbegrenzung zu betreiben oder die Ursache der Unternehmenskrise aus der Welt zu schaffen.

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Krisenmanagement-Planung

Um eine akute Unternehmenskrise bewältigen zu können, müssen Unternehmen frühzeitig vorbeugen. Mit dem Modell des Krisenmanagements gilt es, Schritt für Schritt ein Konzept auszuarbeiten, das im Ernstfall Orientierung bietet. Verschiedene Schritte sind erforderlich, um in den einzelnen Phasen einer Unternehmenskrise richtig und angepasst reagieren zu können.

Drei Kollegen bei einem Meeting in einem Besprechungsraum.
Drei Kollegen bei einem Meeting in einem Besprechungsraum.
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Prävention von Unternehmenskrisen

Der Früherkennung kommt eine enorme Bedeutung zu, um Unternehmenskrisen im Idealfall zu verhindern – oder zumindest zu vermeiden, dass sie allzu hohe Wellen schlagen. Ein wirksames Werkzeug ist das sogenannte Issues-Management. Dabei identifizieren die Verantwortlichen kritische Themen und beobachten die Entwicklungen und Stimmungen dazu in Onlinemedien und Social-Media-Kanälen. Spezifische Keywords werden permanent überwacht, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.

Idealerweise entwickeln Unternehmen so ein ausgeklügeltes Frühwarnsystem, mit dem sie alle für sie relevanten Themen und mögliche Risiken fortwährend im Blick behalten.

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Krisenkommunikation im Unternehmen

Große Bedeutung kommt im Krisenmanagement für Unternehmen der Krisenkommunikation zu. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Krisenteams, die erforderlichen Informationen auf die richtige Art und Weise an Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder auch Banken zu kommunizieren.

Unternehmen stehen hier regelmäßig vor der Frage, ob sie die Krisensituation eher verschweigen sollten, um niemanden zu verunsichern, oder besser mit offenen Karten spielen. Gegen die Vertuschung spricht, dass früher oder später meist doch Informationen nach außen dringen oder sich der Flurfunk hochschaukelt, weil die Mitarbeiter etwas vermuten. Dann wird es ungleich schwieriger, die Berichterstattung wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Mit einer offenen Kommunikation nach innen und außen schaffen Unternehmen hingegen Vertrauen und beeinflussen das Firmenimage sogar positiv – aber nur, wenn sie lösungsorientiert und transparent agieren.

Interne Krisenkommunikation

Häufig nehmen es zuerst die Mitarbeiter wahr, wenn etwas im Unternehmen nicht läuft wie geplant. Es ist deshalb entscheidend, die Belegschaft so früh wie möglich ins Boot zu holen und einzuweihen. Andernfalls kocht der Flurfunk hoch und es dringen mitunter auch Gerüchte an die Öffentlichkeit. Die wichtigsten Tipps für die interne Krisenkommunikation:

  • Der Arbeitgeber sollte die problematische Situation möglichst offen und realitätsnah darstellen, jedoch ohne Ängste zu schüren.
  • Je ehrlicher der Arbeitgeber damit umgeht, desto geringer ist das Risiko der Verbreitung von Gerüchten.
  • Idealer Rahmen für die interne Krisenkommunikation ist eine Mitarbeiterversammlung. Haben die Arbeitnehmer darüber hinaus Gesprächsbedarf, empfiehlt es sich, Einzelgespräche anzubieten.
  • Um alle Kommunikationswege offenzuhalten, sucht der Arbeitgeber bestenfalls im Vorfeld das Gespräch mit dem Betriebsrat.

Arbeitgeber tun gut daran, ihre Mitarbeiter in der Krise als Multiplikatoren zu betrachten. Informieren sie sie umfassend, können diese der Gerüchteküche vorbeugen und den Informationsfluss nach außen und innen aufrechterhalten. Eine wichtige Rolle spielt in einer solchen Phase der Krise auch das Personalmanagement, das das Krisenteam bei der Kommunikation in Richtung der Arbeitnehmer unterstützen kann.

Eine Frau und ein Mann in einer Gesprächssituation im Büro
Eine Frau und ein Mann in einer Gesprächssituation im Büro

Externe Krisenkommunikation

Die externe Krisenkommunikation richtet sich insbesondere an Kunden und Lieferanten. Eine aktive Kommunikation ist hier wichtig, um eine Schädigung der Geschäftsbeziehungen zu verhindern. Erfahren externe Stakeholder von den Problemen eher zufällig aus den Medien, könnten Kunden das Vertrauen verlieren und zur Konkurrenz abwandern oder Lieferanten sich aus Verträgen zurückziehen.

Auch in der externen Krisenkommunikation des Unternehmens ist eine offene Kommunikation und klare Darstellung der Problemlage unerlässlich. Die Verantwortlichen sollten frühzeitig das Gespräch suchen, ihre Geschäftspartner um ihre Unterstützung und ihr Entgegenkommen ersuchen und gemeinsame Wege aus der Unternehmenskrise suchen.

Insbesondere wenn eine Krise die finanzielle Lage des Unternehmens betreffen könnte, sind auch frühzeitige Gespräche mit den Geldgebern wichtig, ob Bank oder Investor. Vorschnell gekündigte Kreditlinien wegen überbordender Gerüchte rufen schnell existenzielle Probleme hervor. Für betroffene Unternehmen ist es ratsam, ihre Ansprechpartner detailliert über die Probleme und deren Ursachen zu informieren, Wege aus der Unternehmenskrise aufzuzeigen und den Willen zur Sanierung zu signalisieren.

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Krisenkommunikation-Checkliste

In der Praxis ist es sinnvoll, ein Krisenkommunikationshandbuch zu erstellen. Dieses definiert zentrale Fragen rund um die Krisenkommunikation im Unternehmen. Zu dieser Checkliste für die Krisenkommunikation gehören etwa:

  • für die Krisenkommunikation verantwortliche Personen
  • Ziele der Krisenkommunikation im Unternehmen
  • Regeln für die Kommunikation im Krisenfall
  • Definition von Sprecherrollen
  • Behandlung der verschiedenen Interessengruppen in der Krisenkommunikation
  • korrekter Umgang mit Social-Media-Kanälen
  • Kommunikationsstrategien

Zudem sollte das Krisenkommunikationshandbuch Kontakte zu wichtigen Medien(vertretern), Behörden und Experten enthalten. Weiter kann das Kommunikationsteam Texte und Formulierungen für bestimmte Arten von Krisen in der Checkliste hinterlegen.

Tipp:

Eine sogenannte Darksite in der Hinterhand zu haben, ist hilfreich. Tritt die Krise ein, kann diese innerhalb kürzester Zeit online gehen und den Betroffenen wichtige Informationen wie Ansprechpartner, Hotlines oder auch FAQ zur Verfügung stellen.

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Beispiele für Krisenkommunikation

Unzählige Unternehmen mussten in der Vergangenheit Krisen bewältigen. Die folgenden Beispiele für gelungene und misslungene Krisenkommunikation zeigen, wie Unternehmen aus Krisen gestärkt hervorgehen oder durch Fehler ihren Ruf nachhaltig schädigen:

Top

Der Payment-Anbieter PayPal war in den vergangenen Jahren wiederholt Ziel von Datendiebstählen. Um dem Skandal den Wind aus den Segeln zu nehmen, informierte das Unternehmen umgehend Zehntausende Kunden, unterstützte sie beim Zurücksetzen von Passwörtern und gab Tipps, um den eigenen Account noch sicherer zu gestalten.

Flop

Ein eindrucksvolles Beispiel für schlechte Krisenkommunikation ist die Fluggesellschaft United Airlines, die 2017 mit einem Skandal für Furore sorgte. Was war passiert? In einem überbuchten Flugzeug wurden freie Plätze benötigt. Als zu wenige der Passagiere freiwillig gegen eine Entschädigung auf ihren Platz verzichten wollten, wurde ein Mitreisender kurzerhand gewaltsam aus dem Flugzeug entfernt. Die anderen Passagiere filmten den Vorgang – und innerhalb kürzester Zeit gingen die Geschehnisse viral. Der CEO der Airline übte sich in Beschwichtigung, bezeichnete den Vorfall als „Umquartierung“ und brachte die Menschen damit noch mehr gegen sich auf. Die Situation schaukelte sich schließlich zu einem handfesten PR-Skandal auf, der auch wirtschaftlichen Schaden hinterlassen hat.

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Fehler im Krisenmanagement

In der Krisenkommunikation unterlaufen Unternehmen häufig vermeintlich kleine Fehler, die enorme Auswirkungen haben können. Die folgenden Fehler gilt es zu vermeiden:

  • Das Unternehmen hat überhaupt keinen Fahrplan für das Krisenmanagement.
  • Es wurde zwar ein Plan für Wege aus der Unternehmenskrise entworfen. Dieser wird jedoch nicht aktuell gehalten und auch nicht geprobt.
  • Es wurden für den Krisenfall keine Verantwortlichen benannt, die das Zepter in die Hand nehmen.
  • Das Unternehmen versucht, die aufgetretenen Probleme unter den Teppich zu kehren, gibt zu wenige Informationen weiter oder verschleppt die Kommunikation.
  • Das Unternehmen verliert sich in Schuldzuweisungen, statt lösungsorientiert zu kommunizieren.
  • Eine inkonsistente Kommunikation heizt die Gerüchteküche auf.
  • Die Verantwortlichen treffen Entscheidungen zu langsam und versuchen, die Krise auszusitzen.
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Fragen und Antworten

Hier beantworten wir Fragen rund um das Thema Krisenmanagement im Unternehmen.