Familienfreundliche Unternehmen: Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Familie und den Beruf zu vereinen, steht für viele Arbeitnehmer ganz oben auf der Prioritätenliste. In Zeiten des Fachkräftemangels sollten Arbeitgeber dieses Thema forcieren, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen und qualifiziertes Fachpersonal anzuziehen.

Familienfreundliche Maßnahmen im Unternehmen können sehr unterschiedlich aussehen. Dabei ist Familienfreundlichkeit keine Frage des Geldes. Auch mit einem geringen Budget lässt sich hier viel erreichen. Deshalb ist es gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine gute Strategie, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Erfahren Sie hier, was familienfreundliche Arbeitgeber ausmacht, welche Vorteile Unternehmen von dieser Ausrichtung haben und welche Möglichkeiten der Zertifizierung es gibt.

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Was sind familienfreundliche Arbeitgeber?

Familienfreundliche Unternehmen nehmen die alltäglichen Herausforderungen von Familien ernst und unterstützen sie dabei, diese zu meistern. Sie berücksichtigen deren Bedürfnisse in ihrer Personalpolitik und ermöglichen so die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Dabei ist der Begriff der Familie weit auszulegen. Gemeint sind nicht nur die Eltern kleiner Kinder, sondern auch Mitarbeiter mit pflegebedürftigen Angehörigen, die die alltägliche Unterstützung oder die persönliche Betreuung sicherstellen müssen. Es gibt zahlreiche Herausforderungen, mit denen sie mitunter zu kämpfen haben, etwa ausfallende Schulstunden und Busverbindungen, Erkrankungen der Kinder, außerplanmäßige Schließzeiten der Kita (z. B. wegen Erkrankung des Personals) oder auch die Schwierigkeit, die dauerhafte Versorgung eines pflegebedürftigen Angehörigen zu organisieren.

Beispiel:

Julian ist alleinerziehend und arbeitet in Teilzeit täglich von 8 bis 13 Uhr. Seine Tochter besucht die fünfte Klasse. Leider kommt es immer wieder vor, dass die Schule früher endet als geplant. Dann muss er sie bereits um 12.15 Uhr abholen und selbst betreuen. Sein Arbeitgeber ermöglicht ihm an solchen Tagen bei Bedarf auch kurzfristig, seine Arbeit zu unterbrechen und an anderen Tagen nachzuholen, an denen seine Tochter erst um 14 Uhr mit dem Bus nach Hause kommt.

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Beispiele für familienfreundliche Maßnahmen

Wie sich ein familienfreundlicher Betrieb umsetzen lässt, ist je nach Unternehmen höchst unterschiedlich – und auch davon abhängig, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter haben. Sind beispielsweise nur wenige Beschäftigte mit Kindern vorhanden, hat die Einrichtung eines Betriebskindergartens vermutlich nicht die erste Priorität. Es ergibt deshalb Sinn, in einem ersten Schritt abzufragen, was sich die Arbeitnehmer wünschen, um ihren Job als familienfreundlich einzustufen. Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen, die Unternehmen für Familien ergreifen können.

Eine Frau arbeitet in Anwesenheit zweier Kinder am Laptop und lächelt
Eine Frau arbeitet in Anwesenheit zweier Kinder am Laptop und lächelt
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Bedeutung von Familienfreundlichkeit

Die Mehrzahl der Familien lebt heute nicht mehr im Familienverbund mit den Großeltern im Haus, sondern durch die Arbeit bedingt in großer Entfernung. Waren früher die Großeltern in die Kinderbetreuung fest eingebunden, müssen die Eltern diesen Aufwand heute oft allein stemmen. Selbst bei der besten Betreuungslösung gibt es immer einen gewissen Unsicherheitsfaktor (z. B. Erkrankung der Kinder, Kita-Schließungen). Eltern sind heute mehr denn je darauf angewiesen, ein familienfreundliches Unternehmen zu finden, das sie bei der Realisierung einer lückenlosen Betreuung unterstützt.

Eltern (und solche, die es noch werden wollen) suchen deshalb gezielt nach einem familienfreundlichen Arbeitgeber, der sie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt. Arbeitgeber, die auf diese Belange keine Rücksicht nehmen, kommen bei Bewerbern weniger gut an als familienfreundliche Unternehmen. Sie fallen bei der Arbeitgeberwahl durch. Entsprechend ist die Familienfreundlichkeit in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Element des Employer Brandings.

Mann trägt sein Kinde huckepack durch eine Stadt
Mann trägt sein Kinde huckepack durch eine Stadt
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Vorteile von Familienfreundlichkeit

Nicht nur die Arbeitnehmer, auch die Arbeitgeber profitieren davon, wenn sie familienfreundliche Jobs schaffen. Zu nennen sind insbesondere diese Vorteile:

  • Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit durch mehr Flexibilität
  • stärkere Mitarbeiterbindung ans Unternehmen und in der Folge Verringerung der Fluktuation
  • Reduzierung ungeplanter Fehlzeiten und Stress bei den Mitarbeitenden
  • positive Auswirkungen auf die Arbeitgeberattraktivität und das Image des Unternehmens
  • höhere Motivation der Mitarbeiter und dadurch gesteigerte Arbeitsproduktivität
  • Verbesserung des Betriebsklimas
zwei lächelnde Arbeitnehmerinnen im medizinischen Arbeitsumfeld
zwei lächelnde Arbeitnehmerinnen im medizinischen Arbeitsumfeld

Lesetipp

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Familienfreundliche Unternehmen in Deutschland

Es gibt viele Unternehmen für Familien, die sich bewusst an den Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer ausrichten. Dies zeigen die folgenden Beispiele für familienfreundliche Unternehmen in Deutschland:

  • Der Bremsenhersteller Knorr-Bremse AG unterstützt seine Beschäftigten mit flexiblen Arbeitsmodellen von familienfreundlicher Vollzeit über Teilzeitarbeit bis hin zu Homeoffice- und Hybridmodellen. In der Firmenzentrale stehen eine Betriebskrippe und ein Betriebskindergarten sowie eine Hausaufgabenbetreuung zur Verfügung. Das Unternehmen legt Meetings in die Arbeitszeit aller Teilnehmer, stellt mobiles Arbeitsequipment bereit und unterstützt bei der Reintegration nach der Elternzeit.
  • Die CEWE Stiftung & Co. KGaA schafft für Eltern und Pflegende ein vielfältiges Angebot, damit diese Familie und Beruf verbinden können. Dazu gehören familienfreundliche Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle auch in Führungspositionen, eine betriebliche Kinderbetreuung und Kinderkrippe, eine Ferienbetreuung und die Vermittlung von Tagespflegeplätzen sowie zusätzliche familienfreundliche Benefits (z. B. Sonderurlaub für Väter nach der Geburt, Lohnfortzahlung bei krankem Kind). Das Unternehmen stellt Stillräume bereit und bietet eine Ausbildung in Teilzeit an.
  • Bei der elexon GmbH, die sich dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge verschrieben hat, setzt man auf Chancengleichheit. Vom Entgegenkommen in Notfallsituationen über Aufstiegschancen für Teilzeitmitarbeiter bis hin zu Teilzeitmodellen in Führungspositionen müssen Eltern hier keinerlei Benachteiligung fürchten.
  • Das Elektroindustrie-Unternehmen Hensoldt unterstützt die Mitarbeiter an den Standorten mit vielfältigen Betreuungslösungen, von Belegplätzen in Kindertagesstätten über Zuschüsse bis hin zur Ferienbetreuung und Eltern-Kind-Büros. Bei einem unerwarteten Ausfall der Betreuung dürfen Kinder bis 14 Jahre mit zur Arbeit gebracht werden. Im Rahmen des „Care for Life“-Programms können sich Beschäftigte für die Pflege von Angehörigen freistellen lassen. Weitere familienfreundliche Leistungen sind Windelgeld, Lohnfortzahlung bei krankem Kind, Ruhe- und Stillräume sowie Familienessen in der Kantine.
  • Die Siemens AG ist bereits langjährig mit dem „audit berufundfamilie“ ausgezeichnet. Das Unternehmen bietet eine Ferienbetreuung, Englisch-Sprachförderkurse für Kinder, Betriebskindergarten, -krippen und -horte, eine Notfallbetreuung im Krankheitsfall und einen Vermittlungsdienst für Betreuungsdienste, Nachhilfe sowie haushaltsnahe Dienstleistungen. Dazu kommen ein Mittagstisch für Kinder, Beratungsangebote und ein steuerfreier Zuschuss zu den Kinderbetreuungskosten.
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Zertifizierung familienfreundliches Unternehmen

Verschiedene Stellen bieten eine Zertifizierung für familienfreundliche Unternehmen an. Einige Beispiele für entsprechende Arbeitgebersiegel:

  • „Familienfreundlicher Arbeitgeber (DIQP)“ vom Deutschen Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V.
  • „audit berufundfamilie“ von der berufundfamilie Service GmbH
  • „Qualitätssiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber“ der Bertelsmann Stiftung (2022 eingestellt)

Daneben gibt es viele weitere Zertifizierungen für familienfreundliche Arbeitgeber, die beispielsweise lediglich regional in bestimmten Bundesländern oder nur mit Bezug auf bestimmte Branchen vergeben werden.

Wie die Zertifizierung genau abläuft und welche Kriterien familienfreundliche Arbeitgeber erfüllen müssen, variiert je nach Anbieter. Es kommt nicht darauf an, bestimmte familienfreundliche Angebote zu offerieren, es gibt also keine Kriterien im Sinne konkreter anzubietender Maßnahmen. Vielmehr ist wichtig, den Status quo im Unternehmen zu analysieren und für die Zukunft konkrete Ziele zu setzen. Es geht um die Verbindlichkeit der Angebote, die Verankerung in der gelebten Unternehmenskultur und den Umgang der Unternehmensführung und der Leitungsebene mit dem Thema Familienfreundlichkeit.

Je nach Zertifizierungsgesellschaft müssen familienfreundliche Arbeitgeber Fragebögen ausfüllen, an Befragungen teilnehmen oder Mitarbeiterbefragungen durchführen, um die Zertifizierung als familienfreundliches Unternehmen zu erhalten.

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Fragen und Antworten

Hier beantworten wir Fragen rund um das Thema familienfreundliche Arbeitgeber.