Wer eine Behinderung hat und berufstätig ist, kennt das Problem: Die Erwähnung kann den Erfolg einer Bewerbung beeinträchtigen. Kommt eine verschwiegene Behinderung später ans Licht, verliert der Arbeitgeber das Vertrauen. Vorteile können verspielt sein. Lesen Sie hier, wann Sie offen mit Einschränkungen umgehen sollten – und wann Sie Ihre Behinderung nicht erwähnen müssen.

Sprechen oder schweigen?

Es gibt keine allgemeingültige Regel, wie bei der Bewerbung mit Behinderungen umzugehen ist. Je nach Art und Grad der Behinderung empfehlen sich unterschiedliche Vorgehensweisen. Diese sind auch vom jeweils gewünschten neuen Job abhängig. Grundsätzlich steht es jedem Bewerber frei, eine Behinderung zu erwähnen oder nicht – solange es für die angestrebte Position irrelevant ist.

Sogar Behinderungen, die einen speziellen Arbeitsplatz erfordern, dürfen Bewerber rein rechtlich verschweigen. In der Praxis nutzt es allerdings wenig –  wenn beispielsweise ein Rollstuhlfahrer eine Firma für sich begeistert, die ihm gar keinen barrierefreien Arbeitsplatz anbieten kann.

Frau sitzt am Tisch, ihr Rollstuhl steht im Hintergrund
Frau sitzt am Tisch, ihr Rollstuhl steht im Hintergrund

Bei nicht offensichtlichen Behinderungen und vor allem bei psychischen Erkrankungen gehen Empfehlungen dahin, sie im Bewerbungsprozess nicht offenzulegen. Bis zu einem Grad von 30-prozentiger Behinderung ist es ratsam, sich dem Risiko der Vorurteile nicht auszusetzen. Auch eine leichte Behinderung kann die Erfolgschancen leider immer noch verringern.

Zwar untersagt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) die Diskriminierung von Bewerbern aufgrund von Behinderungen. Doch das Gleichbehandlungsgesetz hilft nur wenig bei Bewerbungen, die der Arbeitgeber abgelehnt hat: Lässt sich die Diskriminierung überhaupt nachweisen, steht dem Opfer lediglich eine finanzielle Entschädigung zu, meist in Höhe von drei entgangenen Monatsgehältern. Den Job hat dann trotzdem jemand anders.

Sonderfall öffentlicher Dienst

Eine Ausnahme sind Bewerbungen für den öffentlichen Dienst. Hier genießen Bewerber mit Behinderung den Vorzug: Ab einem Behinderungsgrad von 30 % stellen Ämter und Behörden bei gleicher Eignung behinderte Bewerber vor anderen ein. Hier ist es daher sinnvoll, mit Behinderungen bei Bewerbungen offen umzugehen.

Muss man eine Schwerbehinderung bei der Bewerbung angeben?

Prinzipiell: Nein. Aber mit einer anerkannten Schwerbehinderung (ab Grad 50) sollte man es mitteilen. Arbeitnehmern steht in diesem Fall gesetzlich nicht nur mehr Urlaub, sondern auch ein besonderer Kündigungsschutz zu. Auf diese Rechte zu verzichten, liegt nicht im Interesse eines Bewerbers.

Vor der Bewerbung

Haben Sie die Stellenanzeige für Ihren Traumjob schon gefunden? Wenn Sie Inserate in die engere Wahl ziehen, achten Sie am besten zuerst genau darauf, ob die ausgeschriebene Position zu Ihren Fähigkeiten passt. Wenn ja, erkundigen Sie sich anschließend näher über das Unternehmen.

Wenn Sie weitere Unternehmen suchen, die Behinderte beschäftigen: Selbsthilfegruppen, Sportvereine oder andere Vereine für Menschen mit Behinderungen sind gute Quellen für Job-Empfehlungen und Informationen.

Überprüfen Sie einerseits praktische Dinge wie barrierefreie Zugänge und Arbeitsplätze. Andererseits spielt auch die Unternehmenskultur im Umgang mit Behinderungen bei Bewerbern eine wichtige Rolle. Versuchen Sie deshalb unbedingt, Hinweise auf die Haltung des Betriebs zu Inklusion und Arbeitnehmerrechten zu finden. Bringen Sie in Erfahrung, ob es einen Betriebsrat oder eine Schwerbehindertenvertretung gibt, an die Sie sich vor der Bewerbung wenden können.

Erfüllt das gewünschte Unternehmen alle notwendigen Anforderungen, beginnen Sie mit der Bewerbung.

Das Bewerbungsschreiben

Wer sich entschieden hat, dass er seine Behinderung bei der Bewerbung angeben will, braucht ein wenig Fingerspitzengefühl.

Die Behinderung ist nicht das zentrale Thema der Bewerbung, denn das ist der Bewerber selbst – mit all seinen Erfahrungen, Kenntnissen und Fähigkeiten. Eine Behinderung ist lediglich ein Teil der gesamten Person, die sich dem möglichen Arbeitgeber vorstellt.

Die Bewerbung konzentriert sich am besten auf die Eignung des Bewerbers für die ausgeschriebene Stelle und seine individuellen Fähigkeiten. Hinweise auf bisher erbrachte Leistungen und Erfolge gehören ebenfalls in die Bewerbung.

Tipp: Umfangreiche Informationen zur Erstellung Ihrer Bewerbungsunterlagen erhalten Sie im Bewerbungsratgeber

Es gibt verschiedene Methoden, ganz praktisch mit einer Behinderung bei Bewerbungen umzugehen: Eine Behinderung, die Einfluss auf den Werdegang hatte, sollten Bewerber auch im Lebenslauf angeben. Wichtig ist das bei längeren Ausfallzeiten durch Rehabilitationen oder Therapien. Hier entstehen sonst Fragen nach den Lücken. Bei einer Bewerbung mit Behinderung, die den Lebenslauf nicht durch Ausfälle beeinflusst hat, kann man sie im Anschreiben erwähnen, im Lebenslauf sollte man aber darauf verzichten.

In das Anschreiben gehört ein Hinweis auf eine Behinderung immer dann, wenn die Behinderung für die Bewerbung eine Rolle spielt, wie zum Beispiel in diesen Fällen:

  • Der Arbeitgeber stellt laut Stellenanzeige Behinderte bevorzugt ein.
  • Es liegt eine Behinderung vor, die Einfluss auf die Arbeitsleistung hat oder besondere Vorkehrungen erfordert (z. B. barrierefreier Zugang).
  • Die Behinderung führt zu Ansprüchen wie Mehrurlaub und besonderen Kündigungsschutz.

Das Vorstellungsgespräch

Ist die Einladung zum persönlichen Vorstellungsgespräch ausgesprochen, war die erste Etappe der Bewerbung erfolgreich. Die schriftliche Bewerbung hat dem zukünftigen Arbeitgeber gefallen. Das ist ein wichtiges Signal, um genauso weiterzumachen. War das Bewerbungsschreiben selbstbewusst und kraftvoll, erwartet der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch keine ängstliche oder unsichere Person.

Umgang Fragen nach der Behinderung im Vorstellungsgespräch

Eine persönliche Vorstellung setzt im Idealfall die schriftliche Bewerbung direkt fort. Bewerber knüpfen am besten an ihre Ausführungen an, ohne sich inhaltlich zu wiederholen. Außerdem ist mit Fragen zur Behinderung zu rechnen. Sich Gedanken über diesen Teil des Bewerbungsgespräches zu machen, ist daher ebenso Teil der persönlichen Vorbereitung. Allerdings muss ein Bewerber mit Behinderung nur jene Fragestellungen wahrheitsgemäß beantworten, die direkt mit der Eignung für die Stelle in Verbindung stehen. Dies schließt das Erkundigen nach der Art oder Schwere der Behinderung mit ein. Arbeitgeber dürfen nur Fragen stellen, die wichtig für die jeweilige Position sind, um Diskriminierung zu vermeiden.

Umgang mit Vorurteilen

Falls aufseiten des Betriebes Vorurteile gegen Behinderte im Raum stehen, ist das Wichtigste, ruhig zu bleiben und sachlich zu antworten. Entkräften Sie Vorurteile mit Hinweisen auf Ihre bisherigen Erfolge. Erwarten Sie aber nicht, dass es gelingt, alle Vorbehalte auf einmal restlos auszuräumen. Erscheinen sie unüberwindbar? In diesem Fall suchen Sie lieber nach einem anderen Arbeitsplatz.

Kommunizieren Sie offen

Entwickelt sich das Gespräch mit dem zukünftigen Vorgesetzten positiv, kommen eventuell bereits ganz konkrete Dinge wie Nachteilsausgleich (u. a. Zusatzurlaub), nötige Anpassungen des Arbeitsplatzes oder andere erforderliche Unterstützungen zur Sprache. Kommunizieren Sie Ihre Bedürfnisse in der Arbeit klar, ohne sich zu rechtfertigen. Zeigen Sie sich offen und konstruktiv. Ihre Herangehensweise an diese Aufgaben verrät einem potenziellen Arbeitgeber schon sehr viel über Sie. 

Wenn Sie all das beachten, sind Sie gut vorbereitet. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer nächsten Bewerbung! 

Die deutsche Randstad Gruppe setzt sich für ein Gesellschafts- und Arbeitsumfeld ein, das die vorhandene Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt und als Bereicherung sieht. Fairness, Vielfalt, Inklusion & Zugehörigkeit sind fest in unserem Unternehmensleitbild, unseren Geschäftsprozessen und unserer Führungskultur verankert. Randstad hebt mit der Einstellung von Menschen mit Behinderungen die Potentiale, die in jedem Menschen (mit oder ohne Behinderung) stecken. Wir sehen es als eine wichtige Aufgabe an, bei allen Beteiligten Vorurteile abzubauen und Berührungsängste zu nehmen.

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