Altersarmut ist weiblich. Das zeigt sich gleich an mehreren Zahlen: Heute gilt jede fünfte Frau über 65 Jahren als armutsgefährdet. Und schon während des Erwerbslebens zeigt sich die Schieflage: 70 Prozent der heute erwerbstätigen Mütter verdienen so wenig, dass sie langfristig kaum sich und ein Kind finanzieren können. Wer in diesem Gehaltsbereich bleibt, läuft besonders Gefahr, später zur Gruppe der armutsgefährdeten Rentnerinnen zu gehören. Im Interview erklärt Carlotta Köster-Brons, warum Erwerbstätigkeit der wirksamste Schutz gegen den Renten-Gap ist, wie Randstad Frauen täglich beim (Wieder-)Einstieg begleitet – und welche Schritte jede Frau schon heute gehen kann.

Carlotta Köster-Brons
Carlotta Köster-Brons

Carlotta Köster-Brons

Warum ist der Renten-Gap so ein brisantes Thema?

Carlotta Köster-Brons: Die Erwerbstätigenquote von Frauen in Deutschland in der Altersgruppe der 15- bis 65-Jährigen ist im europäischen Vergleich hoch. Dieser positive Wert wird jedoch durch die Tatsache getrübt, dass ein erheblicher Teil der Frauen in Teilzeit arbeitet – nämlich fast jede zweite Frau. Das hat Auswirkungen auf die Rente.

Der Gender Pension Gap liegt ohne Hinterbliebenenrenten aktuell bei dramatischen 39,4 Prozent. Während Männer laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung durchschnittlich 1.348 Euro Rente beziehen, sind es bei Frauen nur 908 Euro – ein Unterschied von 33 Prozent. Schon jetzt liegt die Armutsgefährdungsquote für Frauen ab 65 bei über 20 Prozent und damit deutlich höher als bei Männern derselben Altersgruppe (15,9 Prozent). Das sind Zahlen, die einen negativen Trend prognostizieren und die aufrütteln müssen.

Welche Ursachen sehen Sie in Ihrer täglichen Arbeit bei Randstad – und welche Rolle spielen Teilzeit und regionale Unterschiede?

Carlotta Köster-Brons: In unserer Beratung begegnen uns häufig Frauen, die nach Familien- oder Pflegephasen zurück ins Berufsleben wollen, weil sie ihren Rentenbescheid bekommen und feststellen: „Im Alter wird es eng.“ Denn längere Erwerbsunterbrechungen und Teilzeitarbeit wirken sich massiv auf die spätere Rente aus. Hinzu kommen erhebliche regionale Unterschiede: In Westdeutschland beträgt die Rentendifferenz zwischen Frauen und Männern 32 Prozent, im Osten nur 5 Prozent. Das hängt vor allem mit regional unterschiedlichen Betreuungsangeboten, aber vor allem auch mit einem anderen gesellschaftlichen Rollenbild zusammen. Kurz: In Ostdeutschland war und ist die Arbeit von Frauen auch in Vollzeit viel stärker verbreitet als im Westen.

Welche Rolle spielen Politik und Arbeitgeber, um strukturelle Hürden abzubauen?

Carlotta Köster-Brons: Die Politik ist weiterhin gefordert, endlich eine flächendeckende bezahlbare Kinderbetreuung aufzubauen und durch die richtigen steuerlichen Anreize die Erwerbstätigkeit von Frauen attraktiver zu machen. Arbeitgeber müssen den Wiedereinstieg von Müttern ins Erwerbsleben fördern und Frauen dabei unterstützen, möglichst Vollzeit zu arbeiten, um finanziell unabhängig zu sein. Und Frauen müssen wissen, dass nur eine eigene, möglichst durchgängige Erwerbsbiografie vor Armut im Alter schützt. 

Welche konkreten Schritte empfehlen Sie Frauen gegen den Renten-Gap und wo finden sie Unterstützung?

Carlotta Köster-Brons: Kontinuität im Berufsleben ist der effektivste Schutz vor Altersarmut. Wichtig ist, Erwerbsunterbrechungen möglichst kurz zu halten und regelmäßig die eigene Altersvorsorge zu überprüfen. Frauen sollten klären, ob sie ausreichend abgesichert sind und prüfen, ob eine betriebliche Altersvorsorge oder private Modelle zusätzliche Alternativen sein können. Hilfreich dabei sind kostenlose Online-Rentenrechner und Rentenlücken-Rechner, aber auch Haushaltsrechner, um einen realistischen Blick auf die eigenen Ausgaben zu haben. Bei Randstad stehen zudem Experten bereit, die bei Fragen zum beruflichen Wiedereinstieg umfassend beraten.

Außerdem sollten Frauen sich bewusst machen, dass Lebensentwürfe nicht immer für die Ewigkeit sind. Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden – das hat auch Auswirkungen auf die spätere Rente. Zwar gibt es den Versorgungsausgleich, bei dem die während der Ehe erworbenen Rentenpunkte aufgeteilt werden, dennoch entstehen oft finanzielle Einbußen. Deshalb ist es essentiell, finanziell unabhängig zu bleiben: durch ein eigenes Einkommen, regelmäßige Altersvorsorge und finanzielle Bildung. Sich um das Thema Altersvorsorge zu kümmern ist längst keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit – das gilt für Frauen wie Männer gleichermaßen.

Viele Frauen stecken noch heute für die Familie zurück. Was raten Sie ihnen, um nicht in Altersarmut zu geraten?

Carlotta Köster-Brons: Finanzielle Bildung ist die Grundlage für selbstbestimmtes Handeln! Nutzen Sie Beratungen (z. B. der Deutschen Rentenversicherung) und die erwähnten Online-Rechner, um sich ein Bild über Ihre eigene Situation zu verschaffen. Für Frauen mit Familie empfehle ich: Sprechen Sie offen mit Ihrem Partner oder ihrer Partnerin über Finanzen! Wenn ein Elternteil wegen der Familie beruflich zurücksteckt, sollten finanzielle Auswirkungen und Nachteile transparent diskutiert werden. Dann gilt es, gemeinsam Lösungen – beispielsweise einen finanziellen Ausgleich oder einen Partnerschaftsvertrag – fair auszuhandeln. Und trotzdem gilt: Der sicherste Schutz vor Altersarmut ist die eigene Erwerbstätigkeit.

Wenn Frauen wieder in den Beruf einsteigen oder ihre Stunden aufstocken wollen: Wie unterstützt Randstad Frauen dabei?

Carlotta Köster-Brons: Als Personaldienstleister begleiten wir Frauen gezielt zurück ins Berufsleben. Wir bieten flexible Arbeitsmodelle und Arbeitszeitmodelle an, die es ermöglichen, nach einer Familien- oder Pflegezeit Schritt für Schritt wieder mehr Stunden zu arbeiten. Zeitarbeit kann hier ein wichtiges Sprungbrett sein – wir erleben oft, dass Frauen darüber sicher wieder Fuß im Berufsleben fassen und ihre finanzielle Absicherung stärken. Ergänzend bieten wir Weiterbildungsangebote und individuelle Karriereberatung, um den Wiedereinstieg nachhaltig abzusichern.

Wichtig ist aber auch, dass Arbeitgeber insgesamt bessere Rahmenbedingungen schaffen, um Frauen langfristig vor Altersarmut zu schützen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • flexible und hybride Arbeitsformen für bessere Vereinbarkeit,
  • Mentoring- und Coachingprogramme, um Frauen bei ihrer Karriereplanung zu unterstützen
  • und Angebote zur finanziellen Bildung – etwa zu den Themen ETFs, betrieblicher Altersvorsorge oder Versorgungsausgleich.

Wir bei Randstad haben dafür eigens die Frauen@Randstad Empowerment Initiative ins Leben gerufen. Damit haben wir konkrete Maßnahmen und KPIs entwickelt, mit denen wir unsere Mitarbeiterinnen gezielt auf ihrem Karriereweg innerhalb des Unternehmens fördern, und begleiten sie bei Themen rund um Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Finanzbildung und Mentoring, damit sie ihre beruflichen und finanziellen Ziele strategisch planen können.

Zur Person
Carlotta Köster-Brons
Carlotta Köster-Brons

Carlotta Köster-Brons

Leiterin des Randstad Hauptstadtbüros

Carlotta Köster-Brons ist Leiterin des Hauptstadtbüros, nationale CSR-Koordinatorin für Randstad Deutschland und Diversity-Expertin. Ihre Aufgabe ist es, mit den verschiedenen Stakeholdern über den umfangreichen Bereich der Personaldienstleistungen in den Dialog zu treten und die Positionen von Randstad im politischen Berlin zu vertreten.