Der deutsche Arbeitsmarkt soll sich weiter für ausländische Fachkräfte öffnen? Dann muss sich die Politik für Zeitarbeit öffnen!

Deutschland braucht eine einfachere, unbürokratische Einwanderung von Fachkräften aus dem außereuropäischen Ausland, fordert die Bundesregierung. Wieso lässt sie die Zeitarbeitsbranche nicht dabei helfen? Eine Stellungnahme von Jan Ole Schneider, CFO von Randstad Deutschland und Vizepräsident des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister e.V.

Der deutsche Arbeitsmarkt wird vom Fach- und Arbeitskräftemangel beherrscht. Doch mit diesem Problem ist Deutschland nicht allein. Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb der EU verschärft sich. Deutschland muss als Einwanderungsland attraktiver und moderner werden. Dafür plädieren Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat (SPD), und Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales (SPD). Doch ihr am 20. Juli 2022 veröffentlichter Gastbeitrag im Handelsblatt greift an einer Stelle zu kurz.

Zeitarbeit wird zu Unrecht von der Fachkräfterekrutierung aus Drittstaaten ausgeschlossen

Das deutsche Einwanderungssystem ist nicht nur „zu schleppend, zu bürokratisch, zu abweisend“, wie die SPD-Politiker Faeser und Heil betonen. Es lässt ein wichtiges Instrument zur Problemlösung außer Acht: die Zeitarbeitsbranche. Ihr wird in § 40 des Aufenthaltsgesetzes nämlich ganz explizit die Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten verboten. Zu Unrecht, betont auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in ihrem 10-Punkte-Papier zur Fachkräfteeinwanderung. Denn das Verbot hat zur Folge, dass Zeitarbeitsunternehmen die dringend benötigten Fachkräfte, die außerhalb der EU leben, für den deutschen Arbeitsmarkt nicht rekrutieren dürfen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sind bei der Rekrutierung von Fachkräften im Ausland aber auf die Vermittlungsexpertise von Dritten – u. a. der Personaldienstleistungsbranche – angewiesen, da in diesen Unternehmen oft das notwendige Know-how und die sprachlichen Voraussetzungen für einen Rekrutierungsprozess fehlen. Die Politik muss sich endlich für die Chancen öffnen, die die Zeitarbeit ausländischen Fachkräften bietet.

Zeitarbeit hat sich als Integrationsmotor in den deutschen Arbeitsmarkt längst vielfach bewährt

Denn Zeitarbeitsunternehmen haben in der Auswahl, Betreuung und Qualifizierung ausländischer Fachkräfte langjährige und vielfältige Erfahrung. Schon heute beträgt der Ausländeranteil in der Zeitarbeit 36,8% im Vergleich zu 12,9% in der Gesamtwirtschaft (Quelle: Statistik des BAP, August 2021). Das verdeutlicht die starke Integrationsfunktion, die die Zeitarbeit in Bezug auf ausländische Arbeitskräfte leistet. Keine andere Branche in Deutschland beschäftigt laut Bundesagentur für Arbeit mehr Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund als die Zeitarbeit. Das liegt an ihrer großen Expertise in der Kommunikation mit Behörden, der Hilfe bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen über Deutschkurse bis hin zur Organisation von Nachqualifizierungen.

Bei Randstad arbeiten Menschen aus 162 Nationen. Wir haben seit Beginn der Flüchtlingswelle 2015 gute Erfahrungen mit der Integration von Arbeitskräften in den deutschen Arbeitsmarkt gemacht. So hat die Zeitarbeit vielen Geflüchteten aus Syrien und anderen Krisengebieten den Einstieg in eine berufliche Tätigkeit in Deutschland ermöglicht. Viele dieser Menschen sind mittlerweile gut in den deutschen Arbeitsmarkt integriert und leisten damit auch zur Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung Deutschlands einen wertvollen Beitrag. Die deutsche Wirtschaft kann es sich jetzt schon und in Zukunft mehr denn je nicht erlauben, auf Arbeitskräfte aus dem außereuropäischen Ausland zu verzichten.

Tipps

Bei der Ansprache und Beschäftigung internationaler Fachkräfte sind einige Voraussetzungen erfolgversprechend. Erfahren Sie mehr über die 5 Punkte, die hierbei eine wichtige Rolle spielen.

Zur Person
Jan Ole Schneider
Jan Ole Schneider

Jan Ole Schneider

CFO der Randstad Gruppe Deutschland

Jan Ole Schneider ist studierter Volkswirt und begann seine Karriere 1990 bei Randstad. Seit 2009 ist er Chief Financial Officer der Randstad Gruppe Deutschland und verantwortet die Bereiche F&A und Controlling, Legal Affairs, Procurement and Services sowie Public Affairs. Er vertritt die deutsche Randstad Gruppe im Branchenverband BAP, dessen Vizepräsident er ist. Darüber hinaus ist er als Sprecher des Vorstandes der Walter-Raymond-Stiftung Präsidiumsmitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).